DEMENZ
KANN
WARTEN!

INITIATIVE FÜR FAMILIEN
MIT ANFÄNGLICH DEMENZBETROFFENEN
IN DER HÄUSLICHEN PFLEGE

Erfahrungen & Tipps

Als pflegende Angehörige eines demenzbetroffenen Familienmitglieds habe ich diese Internetseite mit Anregungen zu komplexen Aktivierungen für ANFÄNGLICHE Demenzbetroffene und für ihre Angehörigen in der HÄUSLICHEN Pflege ins Leben gerufen. Ich habe keine medizinische Ausbildung und bin kein Arzt – für alle medizinischen Fragen wenden Sie sich bitte an die zuständigen Stellen und Fachkräfte. Das haben wir auch getan.

Unsere Erfahrungen

Aus unserer mehrjährigen Erfahrung haben wir verschiedene Empfehlungen zusammengestellt, die Sie hier nachlesen können. Weitere Hinweise finden Sie unter „Aktuelles & Informatives“.

Anregung

Wir gönnen uns zwei bis drei Mal pro Monat einen Ausflug in die nähere Umgebung. Ausflüge sind auf alle Fälle gehirnanregend, eine besondere Herausforderung an das Gehirn, sich im Schutz von vertrauten Personen in neuem Umfeld zu orientieren und damit alte Fähigkeiten „automatisch“ wieder abzurufen. Wir nehmen stets Gäste im Auto mit; manchmal fahren wir mit mehreren Autos. Ausflüge verbinden wir gerne mit einem Picknick (für ein kleines Budget bei gleichzeitigem Natur-Erleben, mit viel eigener Aktivität, etwa beim Vorbereiten und beim Essen-Verteilen).

Wir nutzen gerne auch Barfuß-Pfade (z.B. in der Mehlinger Heide im sandigen Boden), öffentliche Boden-Trampoline (z.B. in Alsenborn am Schwimmbad) und öffentliche Fitness-Ecken mit diversen Geräten in (Kur-)Parks (z.B. in Kaiserslautern im Volkspark). Bei all diesen Aktivitäten ist das Gehirn ganz unterschiedlich herausgefordert – und ich liebe das stolze Strahlen in den Augen nach den Übungen! Übrigens: auch Schaukeln und Dreh-Stühle (auf stabiler Fußplatte, ohne Rollen) wirken attraktiv: da schafft das Gehirn auf Hochtouren!!

Zur Anregung nutzen wir gerne auch verschiedene Wasser-anwendungen, etwa Vollbäder (besonders am Abend), Fußbäder (kalt im Sommer mit Barfuß-Laufen draußen, warm im Winter), Kneippen (Füße, Arme) oder Tau-Treten am Morgen. Das Gehirn liebt dieses haptische/fühlbare Erleben, auch herzliche Berührungen und Umarmungen sind sehr willkommen.

Bewegung

Die zweite große Säule für ein besseres Wohlergehen von anfänglich Demenzbetroffenen sehen wir in der körperlichen Bewegung.

Wir gehen täglich zwei Mal spazieren (morgens und nachmittags/abends). Wenn man jeweils nur 1,5km weit geht, dann sind das pro Tag 3 km. 3 km pro Tag x 365 Tage = 1.095km im Jahr! Mehr als 1.000km pro Jahr bleiben im Körper nicht „unbemerkt“: mehr Sauerstoff (gut fürs Gehirn), mehr Reparaturarbeiten im Gewebe, anregend für Muskulatur, Durchblutung, Knochen, Nerven/Gehirn. Außerdem ist Bewegung wiederum auch förderlich mit Blick auf einen gesunden, ruhigen, entspannten Schlaf! Außerdem wirken Spaziergänge entspannend und bieten Anlass für ruhige Gespräche und kleine Entdeckungen in den Gärten und überraschende Begegnungen (Nachbarn, Kinder, Hunde, Pferde, Graureiher …). Besonderes Flair bekommen Spaziergänge immer wieder mit Kindern und ihrem unendlichen Entdeckersinn oder auch mit Hunden und ihrer unbändigen Bewegungs-Begeisterung.

Wir haben außerdem stets 2 VHS-Senioren-Sport-Kurse belegt (pro Woche), dazu REHA-Sport. Das sind qualifizierte Bewegungs-Anleitungen, wie ich sie daheim nicht leisten könnte. In der Gruppe lässt sich viel leichter viel mehr erreichen. Und wir sehen positive Auswirkungen auf Präsenz, Beweglichkeit, Zufriedenheit … Das Körpergedächtnis speichert anders als das angeschlagene Kurzzeit-Gedächtnis, sodass das im Sport erworbene Können nachhaltig wirksam ist. 

Sinnvolle Beschäftigung

Das Gehirn liebt es, positive Beiträge leisten zu können – so sind wir stets auf der Suche nach sinnvollen Aktivitäten, weil sie das Selbstwertgefühl stärken.

Kochen (Gemüse schnippeln), Tisch decken, Gartenarbeit, Basteln (Geburtstagskarten, Geschenke, Mobiles …), Stricken, Malen (z.B. Mandalas), Kehren (besonders beliebt: Ordnung schaffen in klarem Bereich), Einkaufen (planen, eigene Entscheidungen treffen) – jeder findet sicher seine eigenen, individuellen Lieblings-Aktivitäten, die wohltuend und stärkend wirken. Jede sinnvolle Aktivität, die Sie installieren können, festigt und stärkt das Selbstwertgefühl! Jeder Mensch braucht das Grund-Gefühl, dazuzugehören und gebraucht zu werden.

Gute Gesellschaft

Die Indianer sagen: „Man braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen!“ Für ANFÄNGLICHE Demenz-Diagnostizierte würde ich das ähnlich sehen: der Demenz-Betroffene braucht mehrere unterschiedliche anregende Kontakte, um sein eigenes breites Potential in diversen Begegnungen entfalten/erhalten zu können.

Eine Bezugsperson allein ist nicht genug – das Gehirn braucht die unterschiedlichen Anregungen, die jeder weitere freundliche Kontakt mit sich bringt (z.B. Sport, Chor, Gottesdienst, Ausflüge, gemeinsame Spaziergänge, gemeinsamer Mittagstisch …).

Umfeld

Während meiner Ausbildung lernte ich ein Experiment kennen, das mich tief berührt hat – und auch heute noch beeindruckt. Das Experiment zeigte klar, welch erstaunliches Potential abrufbar ist, wenn man ein anregendes Umfeld dafür schafft. Hier meine ungefähren Erinnerungen:

Für ein Experiment lud man Senioren aus einem Heim ein, für mehrere Wochen umzusiedeln in ein eigens für das Experiment hergerichtetes Umfeld. Hier war alles im Stil früherer Jahre hergerichtet – Tapeten, Möbel, Radio, Bilder, Musik, Filme … zu einer Zeit also, als die Senioren noch deutlich jünger waren. Im Fernseher liefen nur „alte“ Filme aus dem Ziel-Jahrzehnt; auch nur die alten Nachrichten. Es gab keine Spiegel! Wohl aber viel Beschäftigung und Aufgaben, z.B. Essen von damals zubereiten; gemeinsam Kamin-Holz hacken, Radfahren, tanzen zu „alter“/ junger Musik … (Kraft-)Sport wie für jüngere Männer und Frauen … Die teilnehmenden Seniorinnen und Senioren durften ihre übliche Kleidung NICHT mitbringen, sondern bekamen chic-sportliche „jüngere“ Kleidung in der Mode der früheren Jahre. In den Zimmern wurden nur Fotos der Teilnehmer aus dem Ziel-Jahrzehnt aufgestellt, als die Teilnehmer noch voller Pläne, Wünsche und Lebenskraft waren …Sie kamen ohne ihre aktuellen Ausweise – bekamen „neue“ Ausweise mit Fotos aus jüngeren Jahren …Die Experiment-Teilnehmer begaben sich also für mehrere Wochen auf eine Art „Zeitreise“ in ihre schwungvolleren Lebensphasen mit guter, gezielter Umfeld-Anregung beständig mit Bezug zu ihren besonders ressourcenstarken Lebensjahren, hatten täglich Aufgaben zu erfüllen und wurden angeleitet zu viel Spaß und Aktivitäten. Das Ergebnis dieser Experiment-Wochen können Sie sich denken: die Teilnehmer waren wacher, beweglicher, aktiver, interessierter, stärker, gut gelaunt, begeistert … durch die kleinen Änderungen und Herausforderungen.

Dass so viel Aufmerksamkeit und Anregungen auch bei FRÜHEN DemenzBetroffenen heute nicht ohne Wirkung bleiben würden, dafür sprechen verschiedene weitere Studien. Aus der DEPRIVATIONS-Forschung etwa wissen wir, dass Unterforderung, Langeweile, „Abhängen-Lassen“ und Isolation zu einem Verlust von Kompetenzen führt. Das weiß man ebenso aus der Tierforschung, z.B. im Zoo, wo man achtsam für Beschäftigung sorgt.

Für die ANFÄNGLICHHEN DemenzBetroffenen ist es enorm wichtig, dass sie entsprechend ihrer vorhandenen Ressourcen gefordert und gefördert werden. Hier können wir konsequent für abwechslungsreiche Anregungen und Erlebnisse sorgen. Das Gehirn braucht angemessene Anforderungen, um bereitwillig wachsend aktiv zu sein. Nach dem Schock einer Demenz-Diagnose, nach allen nötigen Formalitäten, und nach der erschreckenden Aussicht auf ein krasses, trauriges Ende ist es notwendig und hilfreich, wieder in die Gegenwart der Möglichkeiten zu kommen, und ein stärkendes Umfeld im HIER und JETZT aufzubauen, das dem Gehirn attraktive Reize bietet, sich zu begeistern und wieder aktiver zu werden.

Ruhe & Sicherheit

Unsere Mediziner haben die Schwächen bei dementiellen Veränderungen sehr gut beschrieben: Sprache (Wortfindungsschwierigkeiten / Wort-Verständnis-Schwierigkeiten …), Orientierung (Ort/Zeit) und das Kurzzeit-Gedächtnis sind angeschlagen. Der ganze „Rest“ des lebenserfahrenen Menschen funktioniert nach wie vor bestens und das kann systematisch genutzt werden! Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Lücken in Sprache/Wortfindung, Orientierung (Raum/Zeit) und Kurzzeitgedächtnis zu STRESS bei den DemenzBetroffenen führen können: Unverständnis – Angst – Wut – Frust – Verzweiflung … STRESS PUR!! Und bei STRESS werden die Defizite schlimmer!

In Ruhe hingegen – so beobachte ich immer wieder (im ANFÄNGLICHEN Stadium) – sind die Leistungen in diesen drei Sektoren durchaus besser. Daher ist es essentiell, dass gute Helfer stets erkennen und überbrückende Infos geben, wo Ängste drohen.

Wenn SPRACHE rudimentär/minimalistisch wird, ist das nicht unbedingt ein großes Problem: das kennen wir von Kindern, die sich auch mit 1-Wort-Sätzen klar und energisch verständlich machen können; oder aus dem Urlaub im Ausland, wo wir uns auch notfalls mit einzelnen Worten oder per Zeichensprache verständigen können. Wir Menschen verstehen auch OHNE Worte – oder mit nur wenigen Worten; wir beachten einfach die weiteren Info-Kanäle (Mimik, Gestik, Situation …). Das ist auch ziemlich treffsicher. Und es bleibt uns allen ja immer die Option, den emotionalen Aspekt einer Situation auszulesen! Das verstehen DemenzBetroffene treffsicher bis ans Ende!

Wo die ORIENTIERUNG (in Ort und Zeit) schwankt, hilft es, diese Infos zur Orientierung wiederholt als Input zu geben und sie damit dem Gehirn eines DemenzBetroffenen stetig wieder zur Verfügung zu stellen. Das gibt kurzzeitigen Halt – und manchmal führt es auch wieder zu Klarheit und Entspannung.

Schwächen im KURZZEITGEDÄCHTNIS können auch mit stetiger Extra-Information etwas überbrückt werden. Das ist auch sinnvoll, wenn durch solche Informationen Ängste gemindert und Leistungen optimiert werden können. Sehr häufiges Wiederholen ist hier nötig!

Wir sind stets aktiv darum bemüht, unser demenzbetroffenes Familienmitglied in gelassen-ruhigem Zustand zu halten, indem wir rechtzeitig „Fakten füttern“, damit das angeschlagene Gehirn zu zuversichtlichen Lösungen kommen kann. Es funktioniert erfreulicherweise sehr oft! Ganz offensichtlich will jedes Gehirn zu vernünftigen Entscheidungen kommen. Und bemerkenswerterweise gelingt das bei uns deutlich besser, seit wir im Neurofeedback-Training sind (seit 12/2017). Das ist ein so erstaunlich großes Geschenk in dieser Phase!

Schlaf

Für Demenz-Betroffene ist viel Schlaf sehr förderlich. Für Demenz-Betroffene ist viel Schlaf sehr förderlich. Dr. Michael Nehls weist in seinem Buch „Alzheimer ist heilbar – Rechtzeitig zurück in ein gesundes Leben“ auf die erholsame und heilsame Wirkung von Schlaf (min. 8 Stunden) hin. 

Auch wir stellen uns die Frage wie ein erholsamer Schlaf ohne schlafförderde Medikamente erreicht werden kann. Die Antwort lag schnell auf der Hand: Wenn ich an unsere vielen, wunderschönen Pyrenäen-Berghund-Welpen dachte, fiel mir auf, die schliefen immer satt, tief und vollkommen zufrieden  nach ausgiebiger Bewegung. Eltern und Großeltern kennen das auch: Spielplatz, Radfahren, Fußball, gute Erlebnisse  …  sorgen für viel Freude, Aktivität, Engagement  …  und am Abend für einen guten Weg in den Schlaf.

So wurde unser erster Programmpunkt (seit 2015): Viel Bewegung für einen gesunden Schlaf. Zudem lernten wir von einer lieben Bekannten aus Paraguay, dass man bei ihnen dort im Seniorenheim nach dem Abendessen und nach dem gemeinsamen kleinen Abendgottesdienst Lavendeltee bot für einen friedlichen Schlaf. Das setzten wir anfangs um, und das half uns sehr in der ersten erschreckend holprigen Zeit.

Heute brauchen wir den Lavendeltee kaum mehr: die Bewegungs-, Gesellschafts-, Aktivitäts- und Erlebnis-Programme genügen, um für zufriedenen, tiefen Schlaf zu sorgen. In Vorfreude auf neue Begegnungen am kommenden Tag. Das ist unser natürlicher, medikamentenfreier Beitrag in dem Versuch, möglichst optimal durch diese Phase zu gehen. Und so kommen auch die Begleitpersonen zu friedlicher Nachtruhe für ihre notwendige Erholung. Nebenbei ist ein ausgiebiger Schlaf auch eine gute Unterstützung beim gesundheitsfördernden Intervall-Fasten.

LESETIPPS

Derzeit lesen wir mit allergrößtem Interesse: "Die ALZHEIMER-LÖSUNG" (The Alzheimer´s Solution) der Drs. SHERZAI  (California 2017 /deutsch: 2019), die gemeinsam eine große Datenbasis gesichtet haben und dazu auch ihre Erkenntnisse aus sehr  vielen...

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ERNÄHRUNGSTIPPS

Die Ernährung, die wir täglich mehrmals auswählen, hat klar Konsequenzen auf Körper und Gehirn. Die Frage ist: wie können wir bei einem Gehirn mit neurodegenerativen Prozessen eventuell Regenerationsprozesse unterstützen? Mediterrane Ernährung wird allgemein...

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AUSFLUGSTIPPS

Sinn und Zweck der Ausflüge ist es, Familien vom Sofa zu locken und den Gehirnen neue Impressionen zu vermitteln: so einen WOW-Effekt des Staunens und Neugierigwerdens ... denn genau da schafft jedes Gehirn am besten. Und die Familien profitieren davon. Das kann zum...

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